01.06.2017

Die Umverteiler klären auf: GEW zur notwendigen Erhöhung der Bildungsausgaben

Eltern suchen einen Krippenplatz. Erzieher_innen wollen endlich ihre wichtige Arbeitsleistung auf dem Gehaltszettel wiederfinden. Während Schulgebäude verfallen, müssen Lehrkräfte die Inklusion bewerkstelligen und sich für die digitale Welt aufstellen. Dafür brauchen sie mehr Zeit, auch für Fortbildung. In der Weiterbildung gibt es viel zu viele prekäre Arbeitsverhältnisse. An den Hochschulen gilt: Eine unbefristete Stelle – schön wär’s. Der Arbeitsmarkt für Kindertagesstätten und zunehmend auch für Schulen ist leergefegt. Die Arbeitsbelastung ist überall zu groß. Deshalb ist eine Erhöhung der Bildungsausgaben unumgänglich. Denn alles beginnt mit guter Bildung! Wirtschaftsmythen zum Trotz wäre das Geld vorhanden, es muss nur anders verteilt werden! Die GEW ist daher Teil des Bündnisses „Reichtum umverteilen - ein gerechtes Land für alle!“ und macht mit ihrer eigenen Initiative „Bildung. Weiter denken!“ und mit einem Appell an die Politik klar, dass das gesamte Bildungswesen qualitativ und quantitativ ausgebaut werden muss. Nur so kann allen Menschen in Deutschland gute Bildung garantiert werden.

Von: Sarah Kleemann
Logo: GEW

Was wir in Deutschland brauchen, ist mehr Zeit und mehr Raum für Bildung. Kinder, Jugendliche und Erwachsene brauchen ein Umfeld, das ihnen das Lernen erleichtert, sie anspricht und motiviert. Die Räume müssen gemeinsames und individuelles Lernen unterstützen und so ausgestattet sein, dass zeitgemäße pädagogische Konzepte umgesetzt werden können. Pädagog_innen benötigen ausreichend Zeit, um sich beraten und austauschen zu können und um eine bestmögliche Förderung aller zu ermöglichen.

Die Realität unserer Kindertagesstätten, Schulen, Hochschulen und in der Weiterbildung sieht jedoch häufig anders aus. Bei den Schulgebäuden besteht ein Sanierungsstau von 34 Milliarden Euro (KfW-Bankengruppe), bei den Hochschulen gibt es einen Baubedarf von knapp 50 Milliarden Euro (Kultusministerkonferenz). Zudem haben Pädagog_innen zu wenig Zeit, um jedem einzelnen Kind und Jugendlichen die bestmögliche Bildung zukommen zu lassen. Dies gilt insbesondere für die Umsetzung der Inklusion und für die erfolgreiche Integration von geflüchteten und asylsuchenden Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.

Gute Bildung braucht Personal

Die Beschäftigten in Bildung und Wissenschaft eröffnen Kindern, Jugendlichen sowie jungen und älteren Erwachsenen den Zugang zur Welt. Aber: Gruppen und Klassen sind vielfach zu groß. Insbesondere für ein qualitativ hochwertiges Ganztagsangebot und für die Inklusion benötigen wir eine bessere personelle Ausstattung, mehr Schulsozialarbeiter_innen und weitere pädagogische Fachleute in allen Bildungseinrichtungen von der KiTa bis zur Hochschule.

Der zunehmende Personalmangel im Bildungsbereich ist besorgniserregend. Vielfach können Stellen an Schulen nicht durch pädagogisch ausgebildetes Personal besetzt werden. Ganz deutlich wird der Fachkräftemangel auch im Bereich der Kindertagesstätten: Hier fehlen nicht nur rund 300.000 Kita-Plätze, sondern auch zunehmend die entsprechend ausgebildeten Erzieher_innen. Im gesamten Bildungsbereich ist der Personalmangel eine Folge von Kürzungen in Bund, Ländern und Kommunen, fehlender Attraktivität pädagogischer Berufe und mangelnder Ausbildungskapazitäten. An den Hochschulen und in der Weiterbildung, zunehmend auch an Kindertagesstätten und Schulen, arbeiten viele Menschen mit befristeten Verträgen.

Von rund 700.000 Beschäftigten in der Weiterbildung sind 490.000 Personen – also 70 Prozent – als Honorarlehrkräfte bzw. als Solo-Selbstständige ohne soziale Absicherung tätig. Beim wissenschaftlichen Nachwuchs an Hochschulen haben ca. 93 Prozent befristete Verträge. Für alle Beschäftigten in Bildung und Wissenschaft müssen endlich Dauerstellen für Daueraufgaben geschaffen werden. Denn: Gute Arbeitsbedingungen sind eine zentrale Voraussetzung für erfolgreiche Bildung.

Gute Bildung braucht Geld

Wir brauchen mehr Geld für Bildung. Nur so wird es möglich sein, das Recht auf gute Bildung für alle zu verwirklichen. Die GEW hat genau errechnet, was die Umsetzung ihrer Forderungen für gute Bildung kostet. Und sie hat einen konkreten Vorschlag gemacht, wie das deutsche Steuersystem – zugunsten der großen Mehrheit der Menschen – verändert werden muss, damit die Bildungsvorhaben finanziert werden können. Gute Bildung ist keine Wunschvorstellung – sie ist eine Frage politischer Prioritäten! Deshalb sind folgende Maßnahmen nötig:

  • Ein Kurswechsel in der Steuer- und Finanzpolitik und eine Abkehr von der kurzsichtigen Politik der „Schwarzen Null“ sowie der Schuldenbremse sind erforderlich, um gute Bildung und bessere Arbeitsbedingungen für Pädagog_innen zu ermöglichen.
  • Das Versprechen von Kanzlerin Merkel und der Ministerpräsident_innen aus dem Jahr 2008, die Ausgaben auf 7% des BIP für Bildung und 3% für Forschung zu erhöhen, muss umgesetzt werden.
  • Die Streichung des „Kooperationsverbotes“ ist nötig: Der Bund muss die Länder und Kommunen bei der Finanzierung der Bildungsausgaben wieder unterstützen dürfen.

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Kommentare (1)

  1. Peter Pönicke
    Peter Pönicke am 01.06.2017
    Liebe GEW, ihr seid in der Analyse bestechend scharfsinnig und das schon immer. Leider ist das alles!
    Habt ihr ganz vergessen, dass auch das pädagogische Fußvolk noch nie ohne Kampf etwas erreicht hat?
    Also, welche Maßnahmen wollt ihr vor den Walen (und vor allem danach) ergreifen?

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