Niedrige Renten aufgrund von unterbrochenen Erwerbsbiografien sind längst kein Phänomen, das nur Frauen und Mütter betrifft. Von Arbeits- und Langzeitarbeitslosigkeit sind mindestens drei Millionen Menschen in Deutschland betroffen. Arbeit 4.0 und die zunehmende Digitalisierung von Arbeitsabläufen in der Industrie aber auch in den Verwaltungsbereichen werden weitere Millionen Arbeitnehmer*innen und Crowdworker in prekäre Arbeitsverhältnisse drängen.
Frauen sind einmal mehr besonders hart betroffen. Ihr Anteil an unentgeltlicher Arbeit ist immer noch weit höher als der der Männer. Schon heute liegt das Durchschnittseinkommen um 21 Prozent und die durchschnittliche gesetzliche Rente für 40 Prozent unter dem der Männer.
"Wir haben die Mindestrente, die jeder erhält, der 40 Jahre gearbeitet hat. Die ist nicht sehr hoch, aber sie schützt davor, wirklich arm zu sein". Dies behauptet ein Rentner, der mit 74 Jahren meint, weiterhin Finanzminister sein zu müssen. Doch Herr Schäuble kann nicht rechnen. Im umfangreichen Rentenrecht – und da sind sich alle Fachleute der Deutschen Rentenversicherung einig – gibt es leider nicht die Spur einer Mindestrente, auch nicht nach 40 Arbeitsjahren. Die Berechnung mit dem Mindestlohn von knapp 9 Euro pro Stunde und einem Jahresentgelt von rund 18 000 Euro führt nur zu einem halben Entgeltpunkt. Im Ergebnis sind das nach 40 Arbeitsjahren 20 Entgeltpunkte, die aktuell eine monatliche Rente von 609 Euro erbringen. In Verbindung mit anfallenden Mietkosten bleibt den Betroffenen auch in diesem Fall nur der Weg zum Sozialamt.
Lag das Rentenniveau 1985 noch bei 55 Prozent, werden es 2030 nur noch 43 Prozent sein. Die Haltelinie wird zur Armutsfalle. Aktuell erhält ein Arbeitnehmer mit einem Monatsbruttoeinkommen von 3092 Euro nach 45 Jahren eine Rente von monatlich 1370 Euro. Die Durchschnittsrente von Frauen liegt mit 634 Euro pro Monat deutlich unter dem durchschnittlichen Grundsicherungsbedarf (781 Euro), mit Mietkosten auch ein Fall fürs Sozialamt.
Die heutige gesetzliche Rentenversicherung steht auf drei Säulen: der Pflichtversicherung, der betrieblichen (bAV) und der privaten Altersvorsorge. Die erste soll mit Haltelinien mindestens vor Armut schützen, die anderen werden immer weiter eingeschränkt oder wie im Fall der Riesterrente zum Flop für zukünftige Rentner und zur Umverteilungsmaschine für private Versicherungen. Mit der derzeitigen Stellschraubenpolitik in Berlin, die nur auf die nächsten Wahlen schaut, kann die Armut im Alter nicht nachhaltig bekämpft werden. Höhere Mindestlöhne, eine solidarische Sockelrente und eine stärkere Anerkennung ehrenamtlicher und gemeinwohlorientierter Arbeit, sowie der Familien- und Pflegearbeit müssen sich in der Rente deutlich niederschlagen.
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