13.06.2017

Die Umverteiler klären auf: Die Nationale Armutskonferenz stellt Gesundheitspolitische Eckpunkte zur Bundestagswahl 2017 vor

Menschen mit geringen finanziellen Möglichkeiten leiden in existenzieller Weise an den hohen Ausgaben ihrer Gesundheit, die sie aus ihren nicht bedarfsdeckenden SGB-II- bzw. SGB-XII-Leistungen bestreiten müssen. Gesundheitliche Ausgaben stellen Menschen mit geringem Einkommen vor unüberwindbare Finanzierungsprobleme. Gesundheitsversorgung ist ein Menschenrecht (§12 UN-Sozialpakt) und darf nicht an den finanziellen Mitteln Einzelner scheitern. Aus diesem Grund muss es für einkommensarme Menschen eine vollständige Kostenbefreiung bei der Gesundheitsversorgung geben.

Von: Robert Trettin
Logo: Nationale Armutskonferenz

In wechselnden Koalitionen bemüht sich die Politik seit 30 Jahren die Kosten für die GKV trotz steigender Bedarfe zu begrenzen. Künftige Beitragssatzerhöhungen müssen die Arbeitnehmer alleine finanzieren, der Arbeitgeberanteil ist eingefroren. Die gesetzlichen Krankenkassen können zudem Zusatzbeiträge in unbegrenzter Höhe von ihren Versicherten verlangen. Eine solidarische Finanzierung der Gesundheitsversorgung ist das längst nicht mehr. Tatsächlich stellt die einseitige Erhöhung der Beiträge eine Lohnkürzung dar, so findet, für Viele oft unbemerkt, eine Umverteilung von unten nach oben statt.

Trotz höherer Beiträge werden immer weniger Leistungen bezahlt. Ein Beispiel dafür ist die Brille, wer eine Sehhilfe braucht, muss bis auf wenige Ausnahmen, die Kosten aus eigenen Mitteln aufbringen. Insgesamt sind die Zuzahlungen für Medikamente und Hilfsmittel für Menschen mit geringem Einkommen nicht tragbar, da hilft auch die Zuzahlungsbefreiung, wenn die Ausgaben 2% bzw. 1% bei chronischer Erkrankung  das Nettoeinkommen übersteigen, wenig.

Solidarische Finanzierung und Abkehr von Gewinnorientierung im Gesundheitswesen

Für die Gesundheit der Menschen in unserem Land sind aber nicht niedrige Beiträge sondern ausreichende Gesundheitsleistungen von Bedeutung, die in einer solidarischen Versicherung für alle finanziert werden müssen. Die Unterversorgung armer Menschen muss beseitigt werden, statt den  Arbeitgeberanteil auf Kosten der Gesundheit immer weiter zu senken.

Ein immer größerer Teil der Gesundheitsvorsorge wird zum Gesundheitsmarkt, den sich nur Besserverdienende leisten können. Die Gewinne der Investoren gehen auf Kosten der Gesundheit von Menschen mit geringen Einkommen. Wer nicht zahlen kann wird nicht gesund. Aber am schlimmsten sind die dran, die nicht versichert sind, das sind mindestens 120 000 Personen, die Dunkelziffer dürfte weitaus höher sein. Betroffen sind neben ehemals Selbstständigen und vollständig aus dem Hartz IV-Leistungsbezug sanktionierten Personen besonders häufig Obdachlose, geflüchtete  Menschen und Menschen, die sich ohne Papiere in Deutschland aufhalten. Die Versorgung dieser Personengruppen wird auf private Initiativen abgewälzt.

Die Nationale Armutskonferenz weist darauf hin, dass Deutschland mit einem 10,7%  Anteil am Bruttoinlandsprodukt das viert-teuerste Gesundheitssystem weltweit besitzt,  aber qualitativ lediglich den 25. Platz belegt. Krankenkassen geben freimütig Geld der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler aus. Wenn, wie im Jahr 2014, 31 Millionen Euro für Werbung veruntreut wurden, dagegen für die Versorgung von Patient_innen  z. T. sogar widerrechtlich Leistungen gestrichen werden, ist etwas faul an dem System. Deshalb fordern wir:

  • Rückkehr zur paritätischen Beitragszahlung.
  • Im Gesundheitswesen dürfen keine Gewinne zum Vorteil weniger erwirtschaftet werden. Das heißt Stopp der Privatisierung und Rückführung von Einrichtungen des Gesundheitswesens in kommunale oder gemeinnützige Verantwortung.
  • Menschenwürdige Versorgung für alle Menschen, die sich in Deutschland aufhalten. Eine optimale medizinische Versorgung ist ein Menschenrecht!
  • Ausreichendes Personal in der Pflege, Verbesserung der Personalschlüssel und eine angemessene Bezahlung. Wir brauchen mehr Geld in den öffentlichen Kassen für die Gesundheit aller, z.B. durch höhere Steuern bei den Top Verdiener_innen.

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