06.09.2017

Die Umverteiler klären auf: Deutscher Mieterbund zur Wohnungsbau- und Investitionsoffensive, sicheres und bezahlbares Wohnen für Mieterinnen und Mieter

Eine Million Wohnungen fehlen in Deutschland, die Neubauzahlen bleiben deutlich hinter dem Bedarf zurück, die Zahl der Sozialwohnungen schrumpft von Jahr zu Jahr und die Mieten steigen. Die zunehmende soziale Spaltung der Gesellschaft zeigt sich auch auf den Wohnungsmärkten. Schon Normalverdiener*Innen können sich heute einen Umzug oder das Wohnen in der Stadt kaum noch leisten. Das gilt erst recht für einkommensschwächere Haushalte. Notwendig sind deshalb mietrechtliche Rahmenbedingungen, die gutes Wohnen und bezahlbare Mieten dauerhaft sichern sowie eine Wohnungsbau- und Investitionsoffensive, um das Angebot an dauerhaft bezahlbaren Mietwohnungen deutlich zu erhöhen.

Von: Ulrich Ropertz
Logo: Deutscher Mieterbund

Das Wohnungsangebot hält längst nicht mehr Schritt mit den seit Jahren ansteigenden Einwohner*Innen- und Haushaltszahlen. Mittlerweile fehlen vor allem in den Städten eine Million Wohnungen. Die Folge sind drastisch steigende Mieten, insbesondere wenn ein neuer Mietvertrag abgeschlossen werden muss. Die Mieten in bestehenden Mietverhältnissen – die ortsüblichen Vergleichsmieten – ziehen nach, Mieterhöhungen nach Modernisierungen treiben die Wohnkosten weiter in die Höhe. Die Wohnkosten drohen zu einer Armutsfalle zu werden. Miete und Nebenkosten sind längst der höchste Ausgabenposten der privaten Haushalte. Über 30 Prozent ihres Einkommens müssen sie für eine warme Wohnung zahlen. Bei einkommensschwächeren Haushalten liegt die Wohnkostenbelastung schnell bei 40 Prozent, nicht selten schon bei 50 Prozent und mehr. Immer mehr Menschen können die Mieten in den Städten nicht mehr bezahlen, werden aus den Städten heraus bzw. an den Stadtrand gedrängt. Schon heute haben 335.000 Menschen in Deutschland keine Wohnung, im nächsten Jahr könnten es schon 536.000 Menschen sein. Das ist die extremste Form der ständig wachsenden Wohnungsarmut in Deutschland.

Wohnungsneubau: Zu wenig, zu teuer, an den falschen Orten

Jährlich müssen 400.000 neue Wohnungen gebaut werden, um die Wohnungsprobleme zumindest schrittweise abzumildern, davon 200.000 Mietwohnungen und davon wiederum 80.000 Sozialmietwohnungen mit langfristigen, möglichst dauerhaften Preis- und Belegungsbindungen sind erforderlich. Tatsächlich neu gebaut wurden 2016 in Deutschland 278.000 Wohnungen, davon nur 53.240 klassische Mietwohnungen. Die restlichen Fertigstellungen entfielen auf Ein- und Zweifamilienhäuser, überwiegend in ländlichen Gebieten, sowie auf teure Eigentumswohnungen. Um dieses Wohnungssegment müssen wir uns nicht sorgen. Hier ist auch jede Form der staatlichen Eigentumsförderung überflüssig.

Dringend erforderlich sind bezahlbare Mietwohnungen, insbesondere Sozialwohnungen. 2016 wurden nur 24.450 Sozialmietwohnungen fertiggestellt. Da gleichzeitig etwa 50.000 Sozialwohnungen Jahr für Jahr planmäßig aus den Bindungen fallen, schrumpft der Sozialwohnungsbestand weiter, aktuell gibt es noch etwa 1,3 Millionen Sozialwohnungen. 

Wohnungsbau- und Investitionsoffensive dringend erforderlich

Deshalb fordern wir:

  • Der Bau bezahlbarer Mietwohnungen mit Preisdeckelung durch Sonderabschreibungen oder Investitionszuschüssen muss angereizt werden.
  • Der jährliche Neubau von mindestens 80.000 Sozialmietwohnungen ist erforderlich. Dazu müssten die Finanzmittel allein des Bundes auf 3 Milliarden Euro verdoppelt werden.
  • Daneben brauchen wir ein steuerlich gefördertes, gemeinwohlorientiertes oder gemeinnütziges Wohnungsmarktsegment mit Unternehmen, die auf Dauer bezahlbares Wohnen garantieren und am Markt Benachteiligten Zugang zu einer eigenen Wohnung ermöglichen.
  • Hier bedarf es umfassender Investitionen, der Staat ist gefordert. Deshalb müssen große Vermögen stärker an den Kosten beteiligt werden als bisher. Steuergerechtigkeit und das Schließen von Steuerschlupflöchern sind erforderlich.

Nicht nur Geld, sondern auch ein entsprechender politischer Wille ist erforderlich, um die notwendigen Mietrechtsänderungen vorzunehmen, damit die Auswirkungen des strukturellen Ungleichgewichts auf den Wohnungsmärkten abgemildert werden: Die Mietpreisbremse ist nachzubessern, Regelungen zur Begrenzung von Mieterhöhungen auf die Vergleichsmiete oder nach Modernisierungen sind erforderlich.


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