20.09.2017

Die Umverteiler klären auf - Der BUND fordert: sozial-ökologische Finanzreform jetzt!

Die deutsche Politik bedarf einer grundsätzlichen Kehrtwende in der nächsten Legislaturperiode: wer sich ökologisch und sozial verhält, soll dafür nicht länger finanziell bestraft werden. Wer dagegen externe Kosten wie Klimaschäden und Verlust der biologischen Vielfalt verursacht muss mehr zahlen – so lange bis er sein Verhalten entsprechend ändert. Das ist das Ziel einer ökologisch effektiven, sozial gerechten und ökonomisch wirksamen Umweltbesteuerung. Das sozial und ökologisch Notwendige muss auch das ökonomisch Sinnvolle werden.

Von: Joachim Spangenberg
Logo: BUND

Deutschland kann seinem erklärten Ziel einer sozial wie ökologisch nachhaltigen Entwicklung nur näherkommen, wenn es nicht nur ehrgeizige Ziele formuliert, sondern auch durch konkrete Maßnahmen deren tatsächliche Erreichung anstrebt. Statt Steuersenkungen fordert der BUND deshalb in der nächsten Legislaturperiode

(1)    ein „Zukunftsinvestitionsprogramm“, das nicht nur Investitionen in eine nachhaltige Infrastruktur mit verringerten Umweltbelastungen und minimalem Ressourcenverbrauch sowie Förderprogramme für Energieeffizienz umfasst, sondern auch Investitionen in Bildung vom Kindergarten bis zur Hochschule und zur Meisterprüfung und in die sozialen Sicherungssysteme.

(2)    eine soziale Rückverteilung, z.B. durch die Einführung eines „Ökobonus“ (gleiche Erstattung für alle – wer am wenigsten verbraucht hat profitiert am meisten). Das bringt insbesondere für untere Einkommensschichten eine spürbare Entlastung. Der Bonus kann z.B. niedrige Altersrenten aufstocken und so einen Beitrag zur Sicherung eines armutsfesten Rentenniveaus leisten (er enthält in diesem Sinne auch Elemente einer Grundsicherung).

FINANZIERUNG DURCH UMWELTSCHUTZ

Die Finanzierung eines Zukunftsinvestitionsprogramms kann durch Streichung bzw. Kürzung umwelt- und sozialschädlicher Subventionen sichergestellt werden (lt. UBA werden jährlich ca. 57 Mrd. € umweltschädliche Subventionen gezahlt). Unter Berücksichtigung sozialer und Verteilungseffekte sowie aus sozialer und/oder ökologischer Nachhaltigkeitssicht notwendiger Kompensationen sind Einsparungen in einer Größenordnung von 30-50 Mrd. € pro Jahr zu erwarten. Diese könnten z.B. eingesetzt werden, um die sozialen Sicherungssysteme zu stärken, Kinder- und Altersarmut zu verringern und die klimapolitischen Beschlüsse des Pariser Abkommens umzusetzen.

Zur Finanzierung der sozialen Rückverteilung setzen wir auf Steuern, die auch die Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele, der Pariser Klimavereinbarungen und die Energiewende unterstützen. Vor allem muss die seit 1999 ruhende Ökologische Steuerreform neu belebt, d.h. auf den alten Anteil zurückgebracht und dynamisiert werden, denn der Anteil der Umweltsteuern am gesamten Steueraufkommen ist heute niedriger als vor 20 Jahren. Insgesamt ist, je nach Ausgestaltung, mit einem Steueraufkommen in einer Größenordnung von mehr als 16 Mrd. € bis 40 Mrd. € zu rechnen, so dass eine Pro-Kopf-Entlastung von 200-500 € pro Jahr möglich wäre, teils – wie bisher – zur Stützung der Rentenversicherung, teils neu als Ökobonus.  

DREI ZENTRALE UND SOFORT UMSETZBARE FORDERUNGEN
  • Umweltschädliche Subventionen: besonders gravierende umweltschädliche Subventionen sind in Deutschland die Nichtbesteuerung von Kerosin (2010: 6,92 Milliarden Euro Steuerausfall), das Dienst- und Firmenwarenprivileg (2010: mindestens 500 Millionen Euro) und die Energiepreisvergünstigungen für die Industrie (2013: 14,8 Mrd. Euro). Hier muss der Subventionsabbau zuerst ansetzen.
  • Autoverkehr: In einem ersten Schritt muss sofort die privilegierte steuerliche Behandlung von Dieseltreibstoff beendet werden. Damit würde sich Diesel um ca. 16 Cent / Liter verteuern. Heute kostet die geringere Besteuerung von Diesel im Vergleich zu Benzin die Steuerzahler jährlich ca. 7 Mrd. Euro. Gleichzeitig muss die Förderung der Produktion von 'Biosprit' beendet werden. Sie ist sozial weitgehend unwirksam während weltweit ihre Auswirkungen sozial wie ökologisch katastrophal sind.
  • Progressive Tarife: die Preise pro konsumierter Einheit Wasser, Strom, Gas etc. sinken mit der verbrauchten Menge – ein klarer Anreiz zum Mehrverbrauch. Das ist nicht nur ökologisch ein Skandal, weil Energieverschwender belohnt werden, sondern auch sozial ungerecht, denn ein Durchschnittshaushalt zahlt mehr pro m³ Wasser als ein Villenbesitzer, der seinen Swimmingpool füllt.

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