07.06.2017

Die Umverteiler klären auf: AWO und ZFF fordern die Armut von Kindern und Jugendlichen durch Einführung einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung zu beenden

Wirksames Handeln gegen Kinderarmut ist überfällig: Die Zahl armer Kinder steigt jährlich. Rund 3 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland sind von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen. Jedes fünfte Kind lebt in Armut. 1,6 Millionen Kinder und Jugendliche beziehen Grundsicherungsleistungen, davon leben knapp 1 Million Kinder in Ein-Eltern-Familien. Ein Aufwachsen in Armut zu verhindern ist eine staatliche Verpflichtung und deshalb muss in angemessene monetäre Leistungen investiert werden!

Von: Sophie Schwab (AWO), Nikola Schopp und Alexander Nöhring (ZFF)
Trägerkreistreffen in Berlin Foto: Janina Trebing

Aufwachsen in Armut – die Armutsspirale beginnt

Materielle Armut ist der zentrale Risikofaktor für ein gutes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen. Armut bedeutet einen ständigen Mangel in der Grundversorgung. Armut schränkt die Bildungschancen von jungen Menschen, ihre gesundheitliche Entwicklung und ihre kulturellen und sozialen Beteiligungsmöglichkeiten ein und wirkt sich auf das gesamte weitere Leben aus. Einmal arm, immer arm ist leider traurige Realität, denn die soziale Mobilität in Deutschland nimmt deutlich ab.

Kein entweder oder! Geldleistungen und Infrastruktur dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden:

Um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen, braucht es neben Geldleistungen für Familien, Kinder und Jugendliche auch dauerhaft finanzierte Infrastrukturangebote und Unterstützungsmöglichkeiten im Einzelfall. Möchte man Kinder und Jugendliche bestmöglich för-dern, müssen Kinder- und Jugendeinrichtungen wie Kitas, Jugendzentren und Familien-beratungen gestärkt werden. Starke Institutionen können Kindern das bieten, was sie zu Hause eventuell nicht bekommen können. Geldleistungen, Infrastrukturangebote und Unterstützungsangebote dürfen dabei nicht gegeneinander ausgespielt werden. Kommunen, Länder und der Bund müssen gemeinsam ihre Verantwortung für die Ausgestaltung

der Daseinsvorsorge für Familien wahrnehmen. Das geltende Kooperationsverbot zwischen Bund und Kommunen erschwert es, vor Ort gemeinsam in die soziale und familienorientierte Infrastruktur und präventive Hilfen zu investieren. Kinder und Jugendliche sind arm, weil ihre Eltern arm sind. Gute Arbeit, die den Eltern eine eigenständige Exis-tenzsicherung wie auch Zeit für Fürsorge und Familienarbeit ermöglicht, ist ebenso wichtig wie die Schaffung guter Qualifizierungs-, Weiterbildungs- und Beschäftigungsangebote.

Einführung einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung:

Aktuell werden Kinder je nach Erwerbssituation ihrer Eltern höchst ungleich finanziell gefördert. Diese gegenwärtige Ungleichbehandlung von Kindern – bspw. im Steuerrecht oder Sozialsystem – ist ungerecht und muss beendet werden. Insbesondere in Bezug auf die Förderung der soziokulturellen Teilhabe wird ungleich gefördert. Das Problem der Kinderarmut lässt sich nachhaltig weder über eine geringfügige Anhebung des Kindergel-des noch über die Ausweitung des Kinderzuschlags oder über eine Erhöhung der Regelsätze in der Grundsicherung rasch, zielgerichtet und befriedigend lösen. Die geforderte Kindergrundsicherung soll in Abhängigkeit von der Höhe des Haushaltseinkommens abschmelzen. So wollen wir die Familienförderung „vom Kopf auf die Füße stellen“: Arme Kinder brauchen mehr, nicht weniger als andere!

Der Staat muss darüber hinaus aktiv dafür sorgen, dass Leistungsansprüche einfach zugänglich sind und realisiert werden. Leistungsberechtigte müssen besser über ihre Rechte aufgeklärt und Leistungen transparent, stigmatisierungsfrei und unbürokratisch ausgestaltet werden.

  • Wir fordern den politischen Mut für eine Gesamtlösung ein: Angesichts der Dimensionen von Kinderarmut reicht es nicht mehr aus, an einzelnen Schräubchen im bisherigen System zu drehen.
  • Kindergrundsicherung zur Gleichbehandlung aller Kinder: Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und das Zukunftsforum Familie (ZFF) fordern – gemeinsam mit dem Bündnis Kindergrundsicherung – die Zusammenlegung der pauschal bemessenen Transferleistungen für Kinder und die Ausrichtung deren Höhe am steuerlichen Existenzminimum von 573 Euro.

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