In dieser Woche versammeln sich die Staats- und Regierungschefs der G20 in Hamburg zu ihrem jährlichen Gipfeltreffen, nachdem bereits im März die G20-Finanzminister und -Notenbankchefs in Baden-Baden zusammenkamen. Die G20 ist ein informeller Club von 19 wirtschaftlich bedeutenden Staaten und der EU. Auch wenn die G20 im Gegensatz zur G7/8 wichtige Schwellenländer beteiligt, schließt sie weiterhin einen Großteil der Länder des globalen Südens aus und besitzt keine völkerrechtliche Legitimität. Insbesondere in der Steuer- und Finanzpolitik hat die G20 nach der Finanzkrise eine zentrale Rolle. Statt einer stringenten Abkehr von der gescheiterten Deregulierungs- und Unterbietungspolitik hat die G20 im Wesentlichen auf vertraute Rezepte gesetzt. Entsprechend mager ist die Bilanz: Instabile Finanzmärkte, steigende soziale Ungleichheit, weiterhin florierende Steueroasen. Das Europäische Parlament schätzt die jährlichen Einnahmeverluste durch Unternehmenssteuervermeidung allein in der EU auf 160-190 Milliarden €. Sogenannte Entwicklungs- und Schwellenländer verlieren laut Misereor allein 160 Milliarden € jährlich durch (legale) Steuervermeidung – mehr als die gesamte Entwicklungshilfe.
Als wichtigste Projekte der G20 (mit Unterstützung der OECD) zur Bekämpfung von Steuervermeidung und Steuerflucht gelten der automatische Informationsaustausch sowie das Projekt zu Steuervermeidung multinationaler Unternehmen (BEPS). Ersterer eröffnet Finanzbehörden von über 60 Staaten erstmals den Zugang zu steuerrelevanten Daten aus dem Ausland, mithilfe derer sie effektiver gegen Steuerhinterziehung vorgehen können.
Ein wichtiger Vorschlag der BEPS-Verhandlungen ist die sogenannte länderbezogene Berichterstattung (s. Beitrag von Oxfam), welche große multinationale Unternehmen zu mehr Transparenz über ihre Steuerzahlungen verpflichten soll. Allerdings wurden die meisten Vorschläge, welche Gewinnverschiebung erschweren sollten, entscheidend verwässert. Vor allem aber weigerten sich die G20, den Systemwandel hin zu einer Gesamtkonzernsteuer überhaupt angemessen zu diskutieren. Bei dieser wird der globale Gewinn eines Unternehmens nach einer Formel auf die Staaten aufgeteilt, in denen dieses aktiv ist. Statt einer solchen kohärenten Reform, welche die Steuertricks der multinationalen Unternehmen beendet, bleibt ein unübersichtliches, komplexes Flickwerk aus zahlreichen Einzelmaßnahmen zurück. Dies ist insbesondere für Staaten problematisch, welche nicht über ausreichende Ressourcen verfügen, um die komplexen Unternehmensstrukturen angemessen zu prüfen, und bei denen Unternehmenssteuern einen ungleich wichtigeren Anteil an der Finanzierung des Gemeinwesens ausmachen. Wie in anderen Politikbereichen, etwa der Klimapolitik, werden hier die am stärksten Betroffenen von den internationalen Diskussionsprozessen ausgeschlossen.
Wer es mit Bekämpfung von Armut und sozialer Ungleichheit ernst meint, muss endlich alle Staaten innerhalb der UN an einen Tisch holen und die Bekämpfung von Steuervermeidung und Steuerflucht zu einer globalen Priorität machen. Im Einzelnen fordern wir:
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