05.07.2017

Die Umverteiler klären auf: Attac zur Steuerpolitik der G20 – Systemwechsel zur Gesamtkonzernsteuer nötig!

Die bisher von G20 und OECD ergriffenen Maßnahmen gegen Steuervermeidung und Steuerflucht sind unzureichend, um Firmen und reiche Privatpersonen in angemessener Weise zur Finanzierung des Gemeinwesens heranzuziehen. Statt Alternativen wie die Gesamtkonzernsteuer endlich anzupacken, hält die G20 am bisherigen System der Unternehmensbesteuerung fest. Ganz besonders betroffen sind davon die Länder des globalen Südens. Um soziale Ungleichheit wirkungsvoll zu bekämpfen, muss endlich entschlossen gegen Schattenfinanzplätze und Steuervermeidungstechniken von Unternehmen vorgegangen werden. Attac nimmt vom 05.-08.07. an den Protesten gegen die G20 mit einem Alternativgipfel, einem Aktionstag und einer Großdemonstration teil.

Von: Tim Büttner
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In dieser Woche versammeln sich die Staats- und Regierungschefs der G20 in Hamburg zu ihrem jährlichen Gipfeltreffen, nachdem bereits im März die G20-Finanzminister und -Notenbankchefs in Baden-Baden zusammenkamen. Die G20 ist ein informeller Club von 19 wirtschaftlich bedeutenden Staaten und der EU. Auch wenn die G20 im Gegensatz zur G7/8 wichtige Schwellenländer beteiligt, schließt sie weiterhin einen Großteil der Länder des globalen Südens aus und besitzt keine völkerrechtliche Legitimität. Insbesondere in der Steuer- und Finanzpolitik hat die G20 nach der Finanzkrise eine zentrale Rolle. Statt einer stringenten Abkehr von der gescheiterten Deregulierungs- und Unterbietungspolitik hat die G20 im Wesentlichen auf vertraute Rezepte gesetzt. Entsprechend mager ist die Bilanz: Instabile Finanzmärkte, steigende soziale Ungleichheit, weiterhin florierende Steueroasen. Das Europäische Parlament schätzt die jährlichen Einnahmeverluste durch Unternehmenssteuervermeidung allein in der EU auf 160-190 Milliarden €. Sogenannte Entwicklungs- und Schwellenländer verlieren laut Misereor allein 160 Milliarden € jährlich durch (legale) Steuervermeidung – mehr als die gesamte Entwicklungshilfe.

Die Steuerpolitik der G20

Als wichtigste Projekte der G20 (mit Unterstützung der OECD) zur Bekämpfung von Steuervermeidung und Steuerflucht gelten der automatische Informationsaustausch sowie das Projekt zu Steuervermeidung multinationaler Unternehmen (BEPS). Ersterer eröffnet Finanzbehörden von über 60 Staaten erstmals den Zugang zu steuerrelevanten Daten aus dem Ausland, mithilfe derer sie effektiver gegen Steuerhinterziehung vorgehen können.

Ein wichtiger Vorschlag der BEPS-Verhandlungen ist die sogenannte länderbezogene Berichterstattung (s. Beitrag von Oxfam), welche große multinationale Unternehmen zu mehr Transparenz über ihre Steuerzahlungen verpflichten soll. Allerdings wurden die meisten Vorschläge, welche Gewinnverschiebung erschweren sollten, entscheidend verwässert. Vor allem aber weigerten sich die G20, den Systemwandel hin zu einer Gesamtkonzernsteuer überhaupt angemessen zu diskutieren. Bei dieser wird der globale Gewinn eines Unternehmens nach einer Formel auf die Staaten aufgeteilt, in denen dieses aktiv ist. Statt einer solchen kohärenten Reform, welche die Steuertricks der multinationalen Unternehmen beendet, bleibt ein unübersichtliches, komplexes Flickwerk aus zahlreichen Einzelmaßnahmen zurück. Dies ist insbesondere für Staaten problematisch, welche nicht über ausreichende Ressourcen verfügen, um die komplexen Unternehmensstrukturen angemessen zu prüfen, und bei denen Unternehmenssteuern einen ungleich wichtigeren Anteil an der Finanzierung des Gemeinwesens ausmachen. Wie in anderen Politikbereichen, etwa der Klimapolitik, werden hier die am stärksten Betroffenen von den internationalen Diskussionsprozessen ausgeschlossen.

Internationale Steuerpolitik: Systemwandel unumgänglich

Wer es mit Bekämpfung von Armut und sozialer Ungleichheit ernst meint, muss endlich alle Staaten innerhalb der UN an einen Tisch holen und die Bekämpfung von Steuervermeidung und Steuerflucht zu einer globalen Priorität machen. Im Einzelnen fordern wir:

  • einen Systemwechsel in der Unternehmensbesteuerung durch die Einführung einer Gesamtkonzernsteuer und von Mindeststeuersätzen, wodurch Steuervermeidung multinationaler Unternehmen wirkungsvoll unterbunden werden kann.
  • Maßnahmen zur Schließung der Schattenfinanzplätze und Steueroasen. Durch eine umfassende Liste der Steueroasen und effiziente Sanktionen, auch gegen Banken, die Steuerflucht ermöglichen, muss internationaler Druck aufgebaut werden.
  • die Einführung öffentlicher Transparenzregister über die Eigentümer von Unternehmen. Um Steuerhinterziehung und Geldwäsche in Deutschland und global entgegenzutreten, muss endlich ersichtlich sein, wer hinter Scheinfirmen tatsächlich steckt.
  • die Aufwertung der Vereinten Nationen zum zentralen, völkerrechtlich legitimierten Entscheidungsgremium über steuerpolitische Entscheidungen. Alle Staaten, insbesondere die ärmsten, müssen gleichermaßen an den Verhandlungen beteiligt werden.

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